Neue Fachpublikation zu TPS und FUS

Therapeutische Perspektiven von Transkranieller Pulsstimulation (TPS) und fokussiertem Ultraschall (FUS)

In einer aktuellen Publikation1 von Beisteiner et al. wird erstmals ein umfassender Überblick über den gegenwärtigen Stand der Ultraschall-Neuromodulation präsentiert. Der Artikel erörtert die vorhandenen Technologien, Therapieergebnisse und die Vorzüge im Vergleich zu elektromagnetischen Ansätzen.

Die Autor:innen zeigen auf, wie die rasante methodische und klinische Entwicklung in diesem Gebiet völlig neue therapeutische Möglichkeiten für Gehirnerkrankungen eröffnet. Ihrer Meinung nach sind innovative Stimulationsverfahren wie die transkranielle Pulsstimulation (TPS) von großer Bedeutung, da Gehirnerkrankungen zu den dringlichsten Herausforderungen unserer schnell alternden Gesellschaft zählen und viele dieser Erkrankungen bisher keine wirksamen Medikamente aufweisen. Zudem erfüllen die nicht-invasiven Verfahren den Wunsch vieler Patient:innen nach schonender Behandlung.

State of the Art: Hochfokussierte navigierte Systeme

Im Bereich der klinischen Ultraschall-Neuromodulation gibt es verschiedene technische Ansätze. „State of the Art“ sind aus Sicht der Autoren eindeutig die hochfokussierten navigierten Systeme. Diese ermöglichen es, einzelne Hirnareale auf einzelnen Magnetresonanzbildern (MR) genau anzuvisieren. Da jedes Gehirn anders ist und Pathologien zu starken morphologischen Veränderungen des Gehirns führen können, sind präzise Zielfähigkeiten unerlässlich.

Bei den hochfokussierten Systemen differenzieren die Autoren zwischen zwei Neuromodulationsansätzen – dem fokussierten Ultraschall (FUS) und der deutlich neueren, stoßwellenbasierten Transkraniellen Pulsstimulation (TPS). Im Vergleich zur FUS besteht die Besonderheit der TPS-Pulse darin, dass es sich um ultrakurze Druckpulse (etwa 3 μs) handelt, die eine stärkere mechanische Reizung erzeugen.

Vorteile gegenüber elektromagnetischen Stimulationstechniken

In ihrem Artikel zeigen die Autoren auf, welche klinischen Vorteile Ultraschall-Neuromodulation gegenüber den bereits seit Jahrzehnten eingesetzten elektromagnetischen Techniken (TMS, tDCS, tACS) bietet. Sie heben drei wesentliche Vorteile hervor: Erstens bietet der enge Fokus der Neuromodulation mit TPS und FUS eine noch nie dagewesene Präzision bei der Ansteuerung kleiner Hirnareale. Zweitens ermöglichen die Verfahren erstmals eine nicht-invasive, selektive und fokale Tiefenhirnstimulation. Drittens erfordert die klinische Neuromodulation die Stimulierung von pathologischen Gehirnen. Dies beinhaltet große Veränderungen der normalen Leitfähigkeitssituation im Gehirn. Bei elektromagnetischen Verfahren ist es nahezu unmöglich, diese veränderte Leitfähigkeit für eine präzise individuelle Zielansteuerung immer korrekt zu modellieren. Im Gegensatz dazu wird das Targeting mit TPS/FUS nicht durch Leitfähigkeitsveränderungen beeinträchtigt.

Klinische Effekte der Neuromodulation mit TPS und FUS

Die Autoren führen insgesamt 16 klinische Studien zur TPS und FUS auf. 14 Studien berichten über signifikante klinische Wirkungen, wobei 13 Studien einen Nutzen für die Patienten beschreiben. In einer Studienübersicht fassen die Autoren die wichtigsten klinischen Effekte zusammen. In den aufgeführten Studien zur TPS wurden die folgenden klinischen Effekte beschrieben:

  • Verbesserung kognitiver Scores (CERAD) über 3 Monate; Atrophie-Reduktion; Depression-Reduktion. Die neuropsychologischen Ergebnisse werden durch morphologische, aufgabenbezogene und funktionelle MRT im Ruhezustand unterstützt.
  • Verbesserung kognitiver Scores (ADAS, ADAS-Cog) unmittelbar nach der Behandlung.
  • Signifikante Verbesserungen auf der Hamilton Depression Rating-Skala-17 (HDRS-17).

Die Datenlage zur Sicherheit der Neuromodulation mit TPS und FUS bewerten die Autoren positiv: In keiner der Studien wurde ein schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis (SAE) beschrieben. Mit dem klinisch am weitesten verbreiteten System (TPS) wurden mehr als 15.000 Behandlungssitzungen ohne schwerwiegende unerwünschte Ereignisse (SAE) durchgeführt.

Therapeutische Perspektiven: Ein breites Spektrum von Krankheiten

Die Autoren bewerten die Neuromodulation mit modernsten TPS- und FUS-Systemen als zwar noch neue, aber vielversprechende Gehirntherapie. Die bisherigen Studiendaten eröffnen neue therapeutische Perspektiven, da die meisten der einbezogenen Patienten bereits vorher State of the Art-Therapien erhalten haben und die klinischen Verbesserungen daher als zusätzlicher Effekt zu werten sind.

Die klinische Forschung zur Wirkung der TPS und FUS nimmt derzeit rasant zu – mindestens 17 weitere Patientenstudien laufen bereits oder sollen durchgeführt werden. Sie betreffen ein breites Spektrum von Krankheiten: Temporallappenepilepsie, Depression, behandlungsresistente Schizophrenie, Opioidmissbrauch, posttraumatische Belastungsstörung, Angststörungen, Zwangsstörungen, Hirntumor, essentieller Tremor, akute und chronische Schmerzen, Kopfschmerzen, leichte kognitive Beeinträchtigung, Demenz und die Parkinson-Krankheit.

Die Autoren fordern, in klinischen Studien vermehrt Scheinbedingungen und unabhängige neurophysiologische Messungen (MRT, Elektrophysiologie) einzubeziehen. Viele der bereits registrierten Studien erfüllen diese Forderungen bereits. Darüber hinaus wünschen sich die Autoren für zukünftige Studien größere Patientenzahlen, um noch genauere Aussagen zu den klinischen Effekten von TPS und FUS treffen zu können.

Quelle:

Beisteiner R, Hallett M, Lozano A.M. Ultrasound Neuromodulation as a New Brain Therapy. Adv Sci. 2023; Mar 24: 2205634. DOI: 10.1002/advs.202205634 (Link: https://doi.org/10.1002/advs.202205634)