Klinische Studie untersucht TPS bei Autismus-Spektrum-Störungen
Transkranielle Pulsstimulation (TPS) als mögliche Behandlungsoption auch bei Autismus
Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) sind neurologische Entwicklungsanomalien. Sie äußern sich durch beeinträchtigte soziale Interaktionen und Kommunikationsfähigkeiten, repetitive Verhaltensweisen und stereotype Muster. Zudem kann die geistige Entwicklung unregelmäßig verlaufen und in einigen Fällen mit geistigen Beeinträchtigungen einhergehen. Die ersten Anzeichen zeigen sich bereits im frühen Kindesalter. Bei Menschen mit Autismus können Situationen, die sie überfordern – und die von Außenstehenden möglicherweise nicht erkannt werden – zu intensiven und manchmal langanhaltenden Krisen führen. Diese können sich in Form von Angst- und Panikattacken, völliger Lähmung in ihrem Handeln, Rückzug aus sozialen Beziehungen, Depressionen, Persönlichkeitsproblemen, Burnout oder sogar Selbst- oder Fremdaggressionen äußern.
Schätzungen zufolge sind in Deutschland sowie in den USA mindestens 1 Prozent, im asiatischen Raum rund 0,4 Prozent der Bevölkerung von Autismus-Spektrum-Störungen betroffen. Dabei zeigen die Prävalenzraten einen aufsteigenden Trend. Es bleibt jedoch die Frage offen, ob die Krankheitsfälle tatsächlich zunehmen oder ob die verbesserte Diagnostik der Grund für die steigenden ASS-Zahlen ist.
Die genaue zugrunde liegende Pathophysiologie der ASS ist nach wie vor unbekannt. Eine wirksame und spezifische pharmakologische Behandlung der Kernsymptome von ASS ist nach wie vor nicht verfügbar. Daher sind neue Behandlungsoptionen, die für Kinder wirksam und gut verträglich sind, gefordert.
Universität Hongkong: Signifikante Ergebnisse des TPS-Einflusses bei ASS
Eine doppelblinde, randomisierte, scheinkontrollierte Studie der Polytechnischen Universität Hongkong hat jetzt untersucht, ob das Neuromodulationsverfahren Transkranskranielle Pulsstimulation (TPS) als additives Therapieverfahren bei Autismus-Spektrum-Störungen ebenfalls eingesetzt werden kann wie bei Morbus Alzheimer und anderen neurologischen sowie neuropsychiatrischen Erkrankungen, die im Hinblick auf die Wirkweise und Sicherheit der Stoßwellen der TPS erforscht werden.
Ziel der Studie war es, die Wirksamkeit und Verträglichkeit der TPS bei jungen Heranwachsenden mit ASS zu untersuchen und die Effekte der Transkraniellen Pulsstimulation (TPS) auf den rechten temporoparietalen Knotenpunkt zu analysieren – ein zentraler Punkt für soziale Kognitionsprozesse bei Autismus-Spektrum-Störungen. Zudem wurde der Zusammenhang zwischen der TPS und exekutiven sowie sozialen Fähigkeiten untersucht.
In dieser doppelblinden, randomisierten und placebo-kontrollierten Untersuchung wurden 32 Proband:innen (davon 27 Männer) im Alter von 12 bis 17 Jahren mit Autismus-Spektrum-Störung untersucht. Auf Grundlage des Screening-Ergebnisses der „Childhood Autism Rating Scale“ wurden die geeigneten Teilnehmer:innen im Verhältnis 1:1 entweder der echten Behandlungsgruppe oder der Kontrollgruppe für die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) zugewiesen. Sechzehn Probanden erhielten über den Zeitraum von zwei Wochen verteilt sechs echte TPS-Anwendungen (Energielevel: 0,2-0,25 mJ/mm2; Frequenz: 2,5-4,0 Hz, 800 Impulse pro Sitzung) an alternierenden Tagen. Die restlichen 16 Probanden erhielten eine Scheinpulsstimulation.
Die primäre Ergebnismessung umfasste die von den Eltern bewerteten Veränderungen auf der Childhood Autism Rating Scale vom Ausgangswert bis zur Nachuntersuchung drei Monate später. Zu den sekundären Ergebnissen gehörten ein von den Eltern beantworteter Fragebogen mit Selbstauskünften und kognitive Tests, die von den Teilnehmer:innen beantwortet wurden. Zugelassene psychiatrische Fachkräfte beurteilten den allgemeinen klinischen Eindruck, einschließlich Schweregrad, festgestellte Verbesserungen, Wirksamkeit und fassten die Ergebnisse in einer Gesamtbewertung zusammen.
Die Ergebnisse zeigten signifikante Interaktionen im Childhood Autism Rating Scale und anderen sekundären Ergebnissen. Signifikante Gruppen- und Zeiteffekte wurden bei den meisten sekundären Ergebnissen festgestellt. Darüber hinaus wurden signifikante Unterschiede zwischen der Gruppe mit echten TPS-Anwendungen und der Gruppe mit scheinbarer TPS-Behandlung in Bezug auf die Verbesserung des Childhood Autism Rating Scale und des klinischen Gesamteindrucks sowie des Gesamt-Scores unmittelbar nach zwei Wochen Transkranieller Pulsstimulation festgestellt (alle P < 0,05). Die Effekte waren bei der Nachuntersuchung nach einem sowie drei Monaten im Vergleich zum Ausgangswert nachhaltig.
Ermutigend: Transkranielle Pulsstimulation (TPS) konnte Kernsymptome der ASS wirksam reduzieren
Die Effektgröße des Childhood Autism Rating Scale (d = 0,83-0,95) und die Verbesserung des klinischen Gesamteindrucks (d = 4,12-4,37) waren unmittelbar nach der Intervention groß bis mittelgroß und hielten einen Monat nach der Stoßwellen-Stimulation an; die Effekte waren jedoch drei Monate nach der Stimulation nur noch gering (d = 2,31). Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) über den rechten temporoparietalen Übergang die Kernsymptome der Autismus-Spektrum-Störung wirksam reduzieren konnte, was durch eine 24%ige Verringerung der Gesamtpunktzahl auf der Childhood Autism Rating Scale in der Verum-TPS-Gruppe belegt wird.
Darüber hinaus verringerte sich der Gesamtwert für den klinischen Gesamteindruck in der Verum-TPS-Gruppe bei der Nachuntersuchung nach drei Monaten im Vergleich zum Ausgangswert um 53,7 Prozent. Die Teilnehmer der Verum-TPS-Gruppe zeigten bei der ein- und drei-monatigen Nachbeobachtung eine deutliche Verbesserung im Vergleich zum Ausgangswert, obwohl einige der neuropsychologischen Testergebnisse als statistisch nicht signifikant eingestuft wurden.
Forschende empfehlen weitere Studien, um TPS in Kürze als additive Therapie bei ASS zu ermöglichen
Die Autor:innen um Studienleiterin Teris Cheung kommen zu dem Schluss, dass sechs TPS-Sitzungen wirksam und gut verträglich sind, um die Kernsymptome von älteren Kindern und Jugendlichen mit ASS zu behandeln. Die Forschenden empfehlen, dass zukünftige Replikationen ähnlicher Studien eine größere Stichprobe aus mehreren Ländern einbeziehen sollten, um festzustellen, ob die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) in Kürze als Top-on-Behandlung für Autismus-Spektrum-Störungen in der Neuropsychiatrie in Betracht gezogen werden könnte.
Link zur Studie:
https://academic.oup.com/braincomms/article/5/5/fcad226/7246015
Aktuelle Studien zum nicht-invasiven Hirnstimulations-Verfahren Transkranielle Pulsstimulation (TPS) zu verschiedenen Indikationen aus Neurologie und Psychiatrie sind hier zu finden: