Transkranielle Pulsstimulation (TPS) – Studie zu Parkinson
Retrospektive klinische Datenanalyse zur Neuromodulation mit TPS als Zusatztherapie bei Patienten mit Parkinson
Die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) steht als nicht-invasives Verfahren der Hirnstimulation im Fokus der aktuellen wissenschaftlichen Forschung, insbesondere aufgrund ihrer bereits gut belegten Effektivität bei der Behandlung von Morbus Alzheimer. Weltweit widmen sich zahlreiche Universitäten und Forschungsinstitutionen der Untersuchung dieser Technologie und ihrer Anwendungsmöglichkeiten auf andere neurologische Indikationen.
Auch bei der Parkinson-Krankheit haben Pilotprojekte und klinische Beobachtungsstudien, die über einen Zeitraum von mittlerweile mehr als zwölf Jahren durchgeführt wurden, vielversprechende Daten geliefert.
In einer retrospektiven Analyse der Medizinischen Universität Wien deuten erste Ergebnisse nun daraufhin, dass die TPS die motorischen Symptome bei Parkinson-Patienten, die bereits eine optimierte Standardtherapie erhalten, weiter verbessern kann. Diese Studie bestätigt nicht nur die therapeutische Wirksamkeit der TPS, sondern unterstreicht auch ihre Sicherheit, da keine klinisch relevanten Nebenwirkungen festgestellt wurden.
Darüber hinaus berücksichtigt die Forschungsarbeit die Bedeutung der Placebo-Reaktion, ein zentraler Aspekt in Studien zur nicht-invasiven Hirnstimulation, und liefert damit einen umfassenden Beitrag zum Verständnis und zur Bewertung der TPS im Kontext zur Parkinson-Behandlung.
Evaluation der Sicherheit und klinischen Wirksamkeit der Transkraniellen Pulsstimulation (TPS) bei Parkinson
In der von der Medizinischen Universität Wien durchgeführten Studie stand die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) bei Parkinson-Patienten im Fokus einer offenen, retrospektiven Untersuchung. Die zentralen Forschungsfragen zielten darauf ab, zu ermitteln, ob die TPS sowohl sicher als auch durchführbar ist bei einem breiten Spektrum von Parkinson-Patienten, wie sie in der klinischen Praxis typischerweise anzutreffen sind. Darüber hinaus wurde untersucht, ob es Anzeichen für klinische Wirkungen gibt, basierend auf der Analyse klinischer Scores.
Als primäres Ergebnis der Studie diente die Veränderung in der Unified Parkinson’s Disease Rating Scale Teil III (UPDRS-III), die spezifisch motorische Funktionen bei Parkinson-Patienten bewertet. Die Bewertung erfolgte nach Abschluss der TPS-Behandlung im Vergleich zu den Ausgangswerten vor der Behandlung. Diese methodische Herangehensweise ermöglichte es den Forschern, direkte Rückschlüsse auf die Wirksamkeit der TPS in Bezug auf die Verbesserung motorischer Symptome bei Parkinson-Patienten zu ziehen und gleichzeitig die Sicherheit und Durchführbarkeit der Methode in einem realen klinischen Kontext zu evaluieren.
Patientenkollektiv und TPS-Behandlungsmethodik
Die Studie umfasste 20 Parkinson-Patienten (15 Männer, 5 Frauen; Durchschnittsalter: 67,6 Jahre; Krankheitsdauer: 3 – 148 Monate), diagnostiziert von externen Neurologen. Diese Patientengruppe erhielt als Therapieversuch zehn TPS-Sitzungen über zwei Wochen. Einschlusskriterien waren ein Behandlungsantrag, klinische Stabilität, eine UPDRS-III Bewertung vor und nach der Therapie durch externe Neurologen sowie eine schriftliche Einverständniserklärung. Die Auswahl reflektiert ein breites Spektrum an Parkinson-Subtypen und Komorbiditäten, was die Untersuchung der TPS-Sicherheit und Wirksamkeit in einem klinisch realistischen Rahmen ermöglichte.
Diese Gruppe erhielt auf Antrag als Zusatztherapie zehn TPS-Sitzungen innerhalb von zwei Wochen. Die Einschlusskriterien umfassten neben dem Behandlungsantrag auch klinische Stabilität, eine vorherige und nachfolgende UPDRS-III Bewertung durch externe Neurologen sowie eine Einverständniserklärung. Die Vielfalt an Subtypen und Komorbiditäten unter den Patienten ermöglicht eine umfassende Analyse der TPS in Bezug auf Sicherheit und potenzielle klinische Effekte.
Vor Behandlungsbeginn wurden hochauflösende MRT-Aufnahmen zur Ausschlussdiagnostik, Beurteilung der Gehirnmorphologie und der TPS-Navigation gemacht. Jeder Patient erhielt zudem eine funktionelle neurologische Untersuchung zur Bewertung seines klinischen Zustands. Zielbereiche für die TPS-Stimulation, wie der primäre sensomotorische Bereich und andere relevante motorische Areale, wurden anhand der MRT-Bilder festgelegt.
Abhängig von der Symptomatik wurden zusätzliche Bereiche, wie der linke dorsolaterale präfrontale Cortex bei Depression, einbezogen. Standardmäßig kamen in jeder Sitzung 4000 ultrakurze Ultraschalldruckpulse (Energieflussdichte = 0,25 mJ/mm², Pulsrepetitionsrate = 4 Hz) zum Einsatz. Die Echtzeitverfolgung ermöglichte präzises Targeting und gleichmäßige Pulsdistribution.
Patientensicherheit und unerwünschte Ereignisse (UE)
Während der 2-wöchigen TPS-Therapie wurden die UE überwacht. Die Patienten berichteten nach jeder Sitzung über aufgetretene UE und bewerteten Druck- und Schmerzerfahrungen mit visuellen Analogskalen (VAS; 0 = keine und 10 = sehr starke Druck/Schmerz). 13 Patienten (65%) meldeten leichte UE wie Müdigkeit und Kopfschmerzen, die sich binnen eines Tages auflösten. VAS-Ergebnisse zeigten überwiegend keine Druckerfahrung (91,5% VAS 0).
Klinische Bewertung und Ergebnisse
Innerhalb von 4 Wochen vor und nach den TPS-Sitzungen erfolgten klinische Bewertungen, durchschnittlich 14 Tage vor und 13 Tage nach der Therapie. Unabhängige Neurologen führten die Bewertungen im „ON“-Zustand durch, wobei UPDRS-III zur Bewertung motorischer Veränderungen herangezogen wurde. Statistische Analysen erfolgten mit statistischen Analysen des IBM SPSS Statistics (Version 28) durchgeführt , wobei ein gepaarter t-Test bei p < 0,05 signifikante Effekte zeigte.
Motorische Verbesserungen signifikant
Die UPDRS-III-Scores verbesserten sich signifikant nach TPS (vorher: 16,70 ± 8,85, nachher: 12,95 ± 8,55; p < 0,001). Sieben Patienten verbesserten sich um mindestens fünf Punkte, ohne dass es Verschlechterungen bei irgendeinem Patienten gab.
Die Ergebnisse der TPS-Therapie im Hinblick auf den Placebo-Effekt
Die vorgestellten Ergebnisse wurden allerdings nicht mit einer Kontrollgruppe, die eine Scheinbehandlung erhielt, abgeglichen. Daher könnten die beobachteten Therapieerfolge auch Placeboeffekte umfassen, wie sie in der klinischen NIBS-Literatur zu verschiedenen nicht-invasiven Hirnstimulationen beschrieben sind. Diverse Studien deuten darauf hin, dass Placebo-Behandlungen die Dopaminausschüttung im dorsalen Striatum anregen können, was mit den placebo-induzierten Verbesserungen der Parkinson-Symptome zusammenhängt. Ebenso kann die Erwartung einer Symptomverbesserung durch Placebo-Verabreichung mit einer erhöhten Dopaminausschüttung im ventralen Striatum und der Aktivierung des Belohnungssystems verknüpft sein.
Ein Placeboeffekt in der Studie wäre gemäß der Autoren aus mehreren Gründen zwar möglich gewesen: Nicht-pharmakologische Interventionen erzeugen oft stärkere Placebo-Antworten, diese steigen mit der Intensität und Dauer der Behandlung und die Nachfrage nach TPS signalisiert hohe Erwartungen.
Jedoch machen das klare Muster und die Häufigkeit der motorischen Verbesserungen (19 von 20 Patienten verbesserten sich) ausschließliche Placeboeffekte unwahrscheinlich. Aus früheren TPS-Untersuchungen, die Scheinkontrollen und unabhängige neurophysiologische Daten (EEG und fMRT) einbezogen, gibt es klare Beweise für die TPS-Modulation von somatosensorisch evozierten Potentialen, langfristigen neuroplastischen Veränderungen und langfristiger Verbesserung kognitiver Funktionen auch bei Alzheimer-Demenz und Depression. Diese Befunde, zusammen mit anderen klinischen Daten, unterstreichen das Potenzial der Transkraniellen Pulsstimulation (TPS), sich zu einer neuartigen ergänzenden Neuromodulationstherapie zu entwickeln.
TPS: Ein neuer Horizont in der Therapie neurodegenerativer Erkrankungen
Die Wissenschaftler kommen auch bei der Behandlung mit TPS bei Parkinson zu dem Schluss, dass die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) eine vielversprechende neue Hirnstimulationstechnik ist. Die vorgestellten Ergebnisse unterstützen und erweitern das Verständnis des Sicherheits- und Wirksamkeitsprofils der TPS in der Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen wie Morbus Parkinson.
Prospektive, scheinkontrollierte Studien mit größerer Stichprobengröße sind notwendig, um das Wissen über diesen Ansatz, einschließlich langfristiger Effekte, weiter auszubauen. Die Befunde dieser retrospektiven Analyse stellen jedoch ein starkes Argument dar, um den Wert der Transkraniellen Pulsstimulation (TPS) als neue ergänzende Therapie auch für Morbus Parkinson zu verdeutlichen und hier weiter zu erforschen.
Die Studie wurde im Journal of Neurology publiziert:
https://link.springer.com/article/10.1007/s00415-023-12114-1
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38032371/
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