Unabhängiges Review bewertet Studienergebnisse zur TPS

Transkranielle Pulsstimulation (TPS): Potenzial zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit bestätigt

Mit weltweit mehr als 55 Millionen von Alzheimer-Demenz Betroffenen (WHO, 2021) und steigenden Prävalenzzahlen hat sich Alzheimer zu einer äußerst belastenden und kostenintensiven Krankheit entwickelt. Aufgrund begrenzter Effektivität und erheblicher Nebenwirkungen vorhandener medikamentöser Therapien, wird nach zusätzlichen Behandlungsoptionen gesucht.

Forschende der Sichuan University in Chengdu, China, führten ein Review zur Transkraniellen Pulsstimulation (TPS) durch, um deren Nutzen zu bewerten. Die Ergebnisse wurden am 20. Juli 2023 in „CNS Neuroscience & Therapeutics“ veröffentlicht.

Die unabhängige Forschungsgruppe von der Sichuan University, renommiert für medizinische Qualitätskontrolle in China, analysierte die Daten zur TPS neutral und umfassend. Sie folgten dabei der „Preferred Reporting Items for Systematic Reviews and Meta-Analyses“ (PRISMA)-Richtlinie.

Neue Techniken zur Gehirnstimulation: TPS im Vergleich zu anderen Verfahren

Die Autor:innen des Review weisen darauf hin, dass nicht-invasive Hirnstimulationstechniken (NIBS) wie die transkranielle Magnetstimulation (TMS) und die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) zwar positive Auswirkungen auf die kognitive Leistung bei Alzheimer zeigen könnten. Diese Techniken basieren jedoch auf elektromagnetischen Effekten, die nicht nur den Stimulationsort, sondern auch andere Gehirnregionen betreffen und die tieferen Nervengewebe nicht effektiv erreichen können.

Im Gegensatz dazu lässt sich, so die Autor:innen, die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) mit einem Neuronavigationssystem gezielt durchführen, da sie nicht auf die elektrische Leitfähigkeit des Gehirns angewiesen ist.

Ziel des Review: Bewertung der Wirkung und Sicherheit der TPS bei Alzheimer-Demenz

Auch gemäß der Analysen den chinesischen Forschenden ist die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) ein vielversprechendes, nicht-invasives Hirnstimulationsverfahren, das die die kortikale und kortikospinale Erregbarkeit erhöhen, die Neuroplastizität induzieren und die funktionelle Konnektivität im Gehirn verbessern kann. Mehrere Studien hatten das Potenzial der TPS bei der Behandlung der Alzheimer-Krankheit (AD) zuvor bestätigt.

Zur Analyse und Bewertung fanden Studienauswahl, Datenextraktion und die Qualitätsbewertung der Studien durch zwei unabhängig voneinander arbeitende Gutachter statt. Zur Beurteilung eines möglichen Verzerrungsrisikos wurde der Methodologische Index für nichtrandomisierte Studien verwendet.

TPS verbessert kognitive Leistung und depressive Symptome in validierbaren Tests deutlich

In das Review wurden von 199 geeigneten Artikeln fünf Studien mit insgesamt 99 Patient:innen mit Alzheimer-Demenz einbezogen. Im Ergebnis verbesserte die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) die kognitive Leistung der Proband:innen in der CERAD-Testbatterie (Consortium to Establish a Registry for Alzheimer’s Disease), der Alzheimer’s Disease Assessment Scale (kognitiv), der Montreal Cognitive Assessment und der Mini-Mental Status Examination deutlich.

Im Vergleich zum Ausgangswert erhöhte TPS den ADAS-Gesamtscore und den kognitiven ADAS-Score bei Patienten mit AD signifikant. Insgesamt ergab sich eine Verbesserung des ADAS-Gesamt-Scores um 15,76 Prozent und des ADAS-Kognitions-Scores um 8,65 Prozent.

Die TPS reduzierte signifikant auch depressive Symptome, gemessen an der Alzheimer’s Disease Assessment Scale, dem Geriatric Depression Score und dem Beck Depression Inventory. Die TPS-Technik verbesserte die kognitive Leistung bei Alzheimer-Patient:innen, indem sie die neuronale Konnektivität in bestimmten Gehirnregionen erhöhte und gleichzeitig depressive Symptome linderte. Unerwünschte Ereignisse wie Kopfschmerzen, sich verschlechternde Stimmung, Kieferschmerzen, Übelkeit und Schläfrigkeit waren selten, vorübergehend und dauerten nicht länger als einen Tag an. Es wurden keine schwerwiegenden Nebenwirkungen oder Komplikationen berichtet.

Die Sicherheit der TPS bei der Behandlung der Parkinson-Krankheit wurde ebenfalls untersucht und es wurden keine unerwünschten Ereignisse beobachtet.

TPS kann kortikale Atrophie bei Alzheimer-Demenz reduzieren und tiefe Ziele im Kortex modulieren

Die untersuchten Studien wiesen auf eine signifikante Korrelation zwischen der Verbesserung des neuropsychologischen CTS-Scores (vor und nach TPS) und der Zunahme der kortikalen Dicke in bestimmten Gehirnregionen hin. Diese Regionen sind im frühen Verlauf der Alzheimer-Krankheit beeinträchtigt. Die TPS kann daher dazu beitragen, die kortikale Atrophie bei Alzheimer zu reduzieren.

Die Analysen der vorliegenden Studien ergaben gemäß der Autor:innen, dass die TPS die elektrische Aktivität kortikaler und subkortikaler Strukturen verändern kann. Aufgrund der hohen räumlichen Auflösung tiefer Brennweiten kann die TPS neuronale Ziele tief im menschlichen Kortex nicht-invasiv modulieren und so auch tiefe Gehirnstrukturen wie den Thalamus erreichen. Gegenüber der transkraniellen fokussierten Ultraschallstimulation (tFUS) hat die TPS den Vorteil, dass Gewebeerwärmung und Stehwellenphänomene vermieden werden, da sehr kurze Impulse angewandt werden.

Wirkmechanismen der TPS im menschlichen Gehirn: Hohe Bandbreite an möglichen Interaktionen

Die verschiedenen Wirkmechanismen der Transkraniellen Pulsstimulation (TPS) werden seit vielen Jahren intensiv untersucht und diskutiert. Die potenziellen Mechanismen wurden von den Forschenden der Sichuan University wie folgt zusammengefasst:

Die Autor:innen geben an, dass Veränderungen der Zellpermeabilität beobachtet wurden, was zu einer Reihe von Veränderungen bei Sendern, humoralen Faktoren und Zellaktivität führt. Die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) reduziert Neuroinflammationen, indem die schädliche Überaktivierung von Mikroglia gehemmt wird. Darüber hinaus werden die Mikro-Tubuli des Zytoskeletts in Neuronen und Gliazellen direkt beeinflusst.

Der biologische Mechanismus von TPS besteht darin, dass Zellen mechanische Reize in biochemische Reaktionen umwandeln und so einige grundlegende Zellfunktionen auslösen. TPS kann mechanosensitive Ionenkanäle stimulieren, die Zellproliferation und -differenzierung fördern, den aus dem Gehirn stammenden neurotrophen Faktor (BDNF) und vaskuläre Wachstumsfaktoren (VEGF) stimulieren, den zerebralen Blutfluss verbessern, die Angiogenese fördern und Neuroplastizität induzieren. Auch konnte gezeigt werden, dass die TPS mit kürzeren Stimulationsintervallen offenbar einen größeren Einfluss auf die kortikospinale Erregbarkeit (CSE) mit weniger Nebenwirkungen hat als tDCS mit längeren Stimulationsintervallen.

Es wurde gezeigt, dass die TPS die Kraft und Konnektivität endogener Gehirnschwingungen auf frequenzspezifische Weise erhöht und mit endogener Oszillationsaktivität interagiert, um kortikale Erregbarkeit zu induzieren. Die TPS erhöhte vor allem die interhemisphärische Kohärenz der Gehirnoszillationsaktivität im frontotemporalen Bereich und verbesserte so die funktionelle Konnektivität zwischen neuronalen Netzwerken.

TPS steigerte die BDNF-Expression und steigerte die Neuroplastizität, wodurch möglicherweise die depressiven Symptome bei AD verbessert wurden. Der genaue Wirkungsmechanismus von TPS bei AD ist jedoch noch nicht abschließend erforscht und erfordert weitere Untersuchungen.

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen: TPS sichere und wirksame Zusatzbehandlung der Alzheimer-Demenz

Als Resultat ihres ausführlichen und neutralen Review bewerten die chinesischen Wissenschaftler:innen die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) als sicheres und wirksames Zusatz-Verfahren zur Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit und Verringerung depressiver Symptome bei Patient:innen mit Alzheimer-Demenz.

Nach ihrem Kenntnisstand ist diese systematische Überprüfung die erste, die die Behandlung und Sicherheit der TPS bei AD umfassend bewertet. Die Studien in diesem Review haben gezeigt, dass TPS die Werte der CERAD-Testbatterie, ADAS-kognitiv, MoCA und MMSE deutlich verbesserte und die Werte von ADAS-affektiv, GDS und BDI bei Patient:innen mit AD deutlich reduzierte.

Zusammenfassend formulieren die Autor:innen, dass sich TPS trotz des noch Fehlens qualitativ hochwertiger randomisierter kontrollierter Studien als vielversprechend für die Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit und die Reduzierung depressiver Symptome bei Patienten mit AD erwiesen hat. Angesichts der begrenzten Wirksamkeit und Nebenwirkungen bestehender medikamentöser AD-Therapien kann die TPS ein hohes Potenzial als Zusatztherapie zur Behandlung von Alzheimer-Demenz haben. Sie empfehlen weitere Studien und Untersuchungen, um das Potenzial der Transkraniellen Pulsstimulation (TPS) noch besser zu erkunden.

Quelle:

https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/cns.14372

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Transkranielle Pulsstimulation (TPS) – Studien