Transkranielle Pulsstimulation (TPS) als innovative Therapieoption für Alzheimer-Demenz: Eine explorative Studie
Stoßwellen-Therapie TPS als sichere und wirksame Zusatz-Behandlung bei Alzheimer-Patienten untersucht
Behandlungs-Verfahren mit nicht-invasiver Hirnstimulation (NIBS) rücken zunehmend in den Vordergrund in der Therapie neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer-Demenz oder Parkinson. Auch das Stoßwellen-Verfahren Transkranielle Pulsstimulation (TPS) zeigt in immer umfangreicher werdenden wissenschaftlichen Studien und Untersuchungen ein deutliches Potential, die heutigen Therapiemöglichkeiten zu erweitern. Die TPS-Methode basiert auf der Abgabe niedrigenergetischer, fokussierter Stoßwellen und wird als vielversprechende Behandlungsmöglichkeit für Alzheimer-Demenz untersucht, da sie vaskuläre, metabolische und neuroplastische Prozesse beeinflussen kann.
Zu diesem Schluss kommt auch Prof. Lars Wojtecki von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU), der mit seinem Team am Hospital zum Heiligen Geist in Kempen auf dem Gebiet der Neuromodulation zu verschiedenen Hirnstimulations-Methoden forscht.
Die neue von Prof. Wojtecki geleitete explorative Studie zielt darauf ab, Einblicke in die neurophysiologischen Effekte in nur einer Sitzung mit der Transkraniellen Pulsstimulation (TPS) bei Alzheimer-Patienten zu gewinnen und wie sich die Wirkung der TPS-Stoßwellen in elektroenzephalographischen Messungen widerspiegeln, etwa in spektraler Leistung, Kohärenz, Tsallis-Entropie (TE) und Frequenzkopplung (cfc).
Die Studie dokumentiert Veränderungen in der Leistung (frontal und okzipital), der Kohärenz (frontal, okzipital und temporal) sowie der TE (temporal und frontal) und Veränderungen in der cfc (parietal-frontal, parietal-temporal, frontal-temporal). Die Ergebnisse betonen die Rolle elektroenzephalographischer Messungen als mögliche Marker für den neurophysiologischen Effekt der TPS.
Besonderer Wirkmechanismus: TPS kann hochpräzise und tief in das Gehirn vordringen
Prof. Wojtecki und Team heben in ihrer Arbeit zunächst die bisherigen Forschungsergebnisse hervor, die aufzeigen, dass die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) gegenüber anderen Hirnstimulationsmethoden einige Vorteile bietet: Im Vergleich zu anderen Techniken kann die TPS tiefer in das Gehirn vordringen, ohne das umliegende Gewebe zu schädigen, da die Methode hochpräzise ist.
Anders als bei verwandten Verfahren, wie etwa dem Ultraschall, werden bei der TPS kurze Stoßwellen mit etwas längeren Impulsen kombiniert, was eine einzigartige Wirkung erzeugt, die durch hohen Druck bei geringer mechanischer Belastung gekennzeichnet ist. Es wird vermutet, dass die Effekte der Behandlung auf Veränderungen in den Blutgefäßen, dem Nervengewebe und dem Energiebedarf des Gehirns nach der Stimulation zurückzuführen sind.
Methodik der Studie: TPS bei Alzheimer-Patienten
Die vorliegende Studie von Wojtecki et al. untersuchte die Wirkung der Transkraniellen Pulsstimulation (TPS) bei zehn Alzheimer-Patienten (zwei Frauen, acht Männer), deren kognitive Beeinträchtigung von mild bis schwer variierte. Die Patienten erhielten jeweils eine einzelne TPS-Sitzung, bei der die Stoßwellen gezielt auf Hirnregionen wie den Precuneus sowie die frontalen, parietalen und temporalen Kortexareale angewendet wurden. Um die neurophysiologischen Veränderungen zu messen, wurden EEG-Aufzeichnungen vor und nach der TPS-Behandlung vorgenommen. Diese EEG-Daten ermöglichten die Analyse der Hirnaktivität, einschließlich der spektralen Leistungsdichte, der neuronalen Kohärenz, der Tsallis-Entropie und der Cross-Frequency-Coupling (CFC).
Ergebnis: Signifikante Veränderungen nach den TPS-Behandlungen
Im Ergebnis zeigte sich eine signifikante Zunahme der Beta- und Gamma-Leistung sowohl in den frontalen als auch in den okzipitalen Regionen des Gehirns. Diese hochfrequenten Oszillationen sind eng mit kognitiven Prozessen wie Aufmerksamkeit, Gedächtnis und exekutiven Funktionen verknüpft. Die Erhöhung dieser Frequenzen deutet darauf hin, dass die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) das Potenzial hat, diese kognitiven Fähigkeiten positiv zu beeinflussen.
Darüber hinaus wurde eine veränderte Kohärenz zwischen verschiedenen Hirnregionen beobachtet. Die Kohärenz, die ein Maß für die Synchronisation zwischen verschiedenen Gehirnarealen darstellt, nahm insbesondere in den temporalen Regionen im Alpha- und Betabereich zu. Diese erhöhte Kohärenz könnte auf eine verbesserte Kommunikation innerhalb des Gehirns hindeuten, insbesondere zwischen den Regionen, die für Gedächtnis und Informationsverarbeitung verantwortlich sind. Gleichzeitig wurde jedoch eine Abnahme der Theta-Kohärenz zwischen den parietalen und frontalen Regionen festgestellt, was als Zeichen einer veränderten neuronalen Dynamik interpretiert werden könnte.
Auch die Tsallis-Entropie, eine Messgröße zur Beurteilung der Komplexität der Hirnaktivität, zeigte eine Zunahme in den fronto-polaren und temporalen Regionen. Diese Entropiesteigerung könnte auf eine verbesserte neuronale Flexibilität und Effizienz hinweisen, was insbesondere bei Patienten mit neurodegenerativen Erkrankungen wie der Alzheimer-Demenz von Bedeutung ist.
Schließlich wurde eine verstärkte Kopplung zwischen niederfrequenten und hochfrequenten Hirnaktivitäten, insbesondere im Gamma-Theta-Bereich, festgestellt. Diese sogenannte Cross-Frequency Coupling (CFC) trat in fronto-temporalen und parietal-frontalen Netzwerken auf und ist entscheidend für Lern- und Gedächtnisprozesse. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass TPS eine positive Wirkung auf kognitive Funktionen haben könnte, indem sie die neuronale Synchronisation in diesen wichtigen Netzwerken verbessert.
Einfluss der TPS-Stoßwellen könnte über funktionelle elektrische Netzwerke hinausgehen
Bezüglich der berichteten Effekte auf Gamma-Oszillationen merken die Autoren an, dass der Einfluss der Stoßwellen über rein funktionelle elektrische Netzwerke hinausgehen könnte. Es wurde bereits beschrieben, dass eine Zunahme der Gamma-Leistung nach Gamma-tACS in Verbindung mit verringerten Beta-Amyloid-Spiegeln im Hippocampus bei Alzheimer-Patienten festgestellt wurde. Daher sollten TPS-Veränderungen in Gamma-Netzwerken mit besonderem Interesse beobachtet werden, da Stoßwellen das glymphatische Reinigungssystem des Gehirns beeinflussen könnten.
Bedeutung der Ergebnisse und der Mechanismen der Transkraniellen Pulsstimulation (TPS)
Die in dieser Studie beobachteten neurophysiologischen Veränderungen legen nahe, dass die TPS eine direkte Auswirkung auf die neuronalen Netzwerke hat. Besonders hervorzuheben ist die Erhöhung der Beta- und Gamma-Frequenzen, die mit kognitiven Funktionen in Verbindung stehen, sowie die Verbesserung der Kohärenz in temporalen Regionen, die für Gedächtnisprozesse entscheidend sind. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass TPS nicht nur oberflächliche Hirnareale beeinflusst, sondern auch tieferliegende Strukturen erreicht, die für die kognitive Verarbeitung wichtig sind.
Schlussfolgerung: TPS als Zukunftsoption für die Alzheimer-Therapie
Die vorliegenden Ergebnisse stützen die Annahme, dass die TPS eine vielversprechende nicht-invasive Behandlungsmethode für Alzheimer-Demenz darstellt. Insbesondere ihre Fähigkeit, tieferliegende Hirnregionen zu stimulieren und dabei neuronale Netzwerke positiv zu beeinflussen, macht die TPS zu einer vielversprechenden Ergänzung zu den bestehenden Therapien.
Auch wenn die vorliegende Studie nur eine jeweils einzelne TPS-Sitzung untersucht hat, liefern die beobachteten Veränderungen in den EEG-Messungen weitere Hinweise auf das Potenzial dieser Technik. Zukünftige Studien sollten den Langzeiteffekt mehrerer TPS-Sitzungen untersuchen und den Zusammenhang mit klinischen Verbesserungen der kognitiven Fähigkeiten weiter erforschen, empfehlen Prof. Wojtecki und Team.
Quelle:
https://link.springer.com/article/10.1007/s11357-024-01305-x
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